In den vergangenen Jahrzehnten lag das Hauptaugenmerk bei der Verkehrsplanung auf dem Autoverkehr. Um mehr klimaneutralen Verkehr zu ermöglichen, wollen die Stadt Neustadt und die Region Hannover das nun ändern. Mit dem Ausbau von Radwegen und des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) wollen sie mehr Gerechtigkeit für alle Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer im öffentlichen Raum schaffen.
Beim Ausbau des Radverkehrs gibt es in Neustadt noch viel Luft nach oben. Das zeigt der aktuelle Fahrradklimatest des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Bei dem Ranking belegt die Kommune unter den 415 bewerteten Städten mit 20.000 bis 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern Platz 155 und kassiert die Schulnote „vier plus“ (3,8). „Das Ergebnis belegt einen dringenden Handlungsbedarf“, sagt Dominic Herbst, Bürgermeister der Stadt Neustadt am Rübenberge. „Abhilfe ist in Sicht, wir haben gute Konzepte entwickelt, die wir nun auf die Straßen bringen“, kündigt er an. Der Radverkehr sei ein wichtiger Baustein der Mobilitätswende. „Der Wunsch nach fahrradfreundlichen Strukturen im gesamten Stadtgebiet ist groß.“ Laut Fahrradklimatest hakt es vor allem an den Oberflächen der Radwege, deren Breite und dem Fahren im Mischverkehr mit Autos.
Deshalb besitzen 41 Prozent der Einwohner von Neustadt am Rübenberge kein Auto
Jahrzehntelang wurde vor allem in die Infrastruktur für Autos investiert. Davon profitiert jedoch nur knapp die Hälfte aller Menschen in der Kommune. „Nur 59 Prozent aller Einwohnerinnen und Einwohner in Neustadt verfügen über ein Auto“, erläutert Annette Teuber vom Vorstand des ADFC der Region Hannover. „7577 Kinder zwischen zehn und 18 Jahren sind außerdem vom Autoverkehr ausgeschlossen und können nicht selbstständig mobil sein.“ Das will die Stadt nun ändern.
„Für eine gerechtere Mobilität braucht es eine Neuverteilung der Verkehrsflächen“, sagt Bürgermeister Dominic Herbst.
So soll der Schulweg per Rad für Kinder sicherer werden
Vor allem Schulkinder sollen laut Sebastian Fleischer von der Stadt Neustadt sicher mit dem Rad durch die Stadt fahren können. „Das sehen wir als Grundrecht“, betont der Verkehrsplaner. „Unser Ziel ist es, dass man sich grundsätzlich mit dem Rad sicher und komfortabel durch Neustadt bewegen kann. Dafür wollen wir unter anderem in den nächsten fünf Jahren die wichtigsten Querungen zwischen Radwegen und Hauptverkehrsstraßen mit Vorrang für Radfahrende gesichert ausbauen. Wir wollen eine Fahrradstraße quer durch die Neustädter Innenstadt umsetzen und unsere Pläne für eine neue Geh- und Radfahrbrücke über die Leine realisieren.“
Bereits jetzt gibt es in Neustadt am Rübenberge ein dichtes Radwegenetz und attraktive Radstrecken, wie den Leine-Heide-Radweg, eine Kultur-Route oder die Nordhannoversche Moor-Route.

Kinder sollen sich gefahrenlos durch die Stadt bewegen können.
Deshalb profitiert der Einzelhandel von mehr Lebensqualität in der Innenstadt
Geschäftsinhaber fürchten zwar oft, dass weniger Kfz-Parkplätze und Autoverkehr vor der Tür zu Umsatzeinbußen führen. Doch Erfahrungen belegen stets das Gegenteil. „Wenn wir auf entsprechende Projekte in den Niederlanden schauen, dann erweist sich eine sinnvolle Beschränkung des Autoverkehrs auch in kleineren Gemeinden als dreifacher Gewinn: Auto-, Rad- und Fußverkehr kommen besser und schneller voran, der Einzelhandel profitiert und wir vermeiden CO2“, sagt Herbst. Laut Herbert Tiemens, Verkehrsplaner in Utrecht, sind mit der Beschränkung des Autoverkehrs die Aufenthaltsqualität in den Innenstädten jeder Größe und dadurch auch die Umsätze in Handel und Gastronomie gestiegen. „Denn nicht Autos kaufen ein. Es sind Menschen, die einkaufen“, sagt der Verkehrsexperte. „Wenn Straßen mehr zum Bummeln einladen, erhöht sich der Umsatz.“
Dies ist auch für Herbst ein wichtiger Aspekt. „Als Bürgermeister ist es mir ein Herzensanliegen, unsere Stadt im Dialog mit den Menschen und gemeinsam mit den verschiedenen kommunalen Akteuren noch lebenswerter und zukunftssicher zu gestalten.“
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