Fotos: Mirko Bartels (12x); Jesse Wiebe
Neustadt bereitet die Verkehrswende vor – und zahlreiche Bürgerinnen und Bürger machen mit. Für ihren Fahrradaktionstag hat die Kommune großen Zuspruch erhalten. Nun plant die Stadt weitere Schritte, um den Radverkehr auszubauen.
Das Interesse ist groß: Hunderte Menschen sind am 18. September zum Fahrradaktionstag in die Innenstadt gekommen, um sich über das Thema Radfahren im Neustädter Land zu informieren. „Der Aktionstag hat verdeutlicht, dass viele Neustädterinnen und Neustädter begeisterte Radfahrer sind“, sagt Bürgermeister Dominic Herbst. Das Fahrrad sei ein ideales Verkehrsmittel für den Alltag und zentraler Teil einer zukunftsfähigen Mobilität. Im Bürgerdialog sei aber auch deutlich geworden, dass die Infrastruktur fahrradfreundlicher gestaltet werden müsse. „Wir werden nun die Erkenntnisse aus den Gesprächen und die Auswertungen zum Radverkehrskonzept in die weiteren Planungsphasen mitnehmen.“ Gemeinsam mit Verkehrsexperten solle dann eine konkrete Umsetzungsstrategie der einzelnen Maßnahmen erarbeitet werden. „Für mich als Bürgermeister steht fest, die Verkehrswende wird kommen, wir wollen sie nun gemeinsam mit unseren Bürgerinnen und Bürgern sowie mit anerkannten Fachleuten umsetzen.“ Das Radfahren im Neustädter Land solle sicherer und komfortabler werden, nur so könnten die Menschen davon überzeugt werden, das Auto auch mal stehen zu lassen. Vor allem in der Kernstadt müsse der Autoverkehr reduziert werden. „Wir haben mit unserem integrierten Innenstadtentwicklungskonzept einen zukunftsfähigen Weg eingeschlagen. Das darin enthaltene Verkehrs- und Radverkehrskonzept sind aufeinander abgestimmt und Grundlage für eine nachhaltigere Mobilität“, betont Herbst.
Stadt testet Nord-Süd-Fahrradroute durch die Innenstadt
Ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung klimaneutraler Verkehr ist ein „Stadtexperiment“, das die Verwaltung am Fahrradaktionstag erstmals vorgestellt hat. Im April 2021 richtet die Stadt zusammen mit dem Mobilnetzwerk der Region Hannover eine vorübergehende Nord-Süd-Fahrradroute durch die Neustädter Innenstadt ein, die von der KGS bis zum Klinikum führt. Dazu werden für vier Wochen zwei Straßen in der Innenstadt für den Autoverkehr gesperrt und ganz den Radfahrerinnen und Radfahrern überlassen. Für die neue Fahrradroute wird kurzfristig ein sogenannter Pop-up-Radweg eingerichtet, der von der Mittelstraße auf die Windmühlenstraße und auf den Entenfang führt. Hinter dem Sparkassengebäude soll er weiter über Schäfergasse und Lindenstraße bis zum Klinikum verlaufen. Dort, wo der Radweg die Fußgängerzone kreuzt, wird durch Markierungen eine sichere Querung geschaffen.
Bürgermeister Dominic Herbst (MItte) erläutert interessierten Bürgern das Radverkehrskonzept.
„Zusätzlich überlegen wir, die Parkplätze im verkehrsberuhigten Bereich der Mittelstraße für die Zeit des Stadtexperiments zu verlegen, so dass der Radverkehr auch dort ungehindert fließen könnte“, sagt Verkehrskoordinator Benjamin Gleue. Ursprünglich hatte die Stadt geplant, den provisorischen Radweg noch in diesem Jahr auszuweisen. Wegen der Corona-Pandemie ist das Experiment nun aber auf das nächste Jahr verschoben worden.
Region Hannover unterstützt Verkehrswende in Neustadt
„Die Verwaltung der Stadt Neustadt ist sehr aktiv in der Planung und Umgestaltung in Richtung Umweltverbund“, lobt Conrad Vinken, Fachbereichsleiter Verkehr bei der Region Hannover. „Ich bin sehr optimistisch, dass dieser Prozess eingeleitet und auch zügig umgesetzt wird.“ Die Region, die den Fahrradaktionstag mit initiiert hat, unterstütze die Stadt dabei.“
Hunderte Besucher haben sich am Fahrradaktionstag zum Thema Radfahren im Neustädter Land informiert.
„Wer eine zukunftsfähige Mobilität plant, braucht das Know-how der Fachleute“, sagt Regionspräsident Hauke Jagau. „Ebenso wichtig sind die Erfahrungen der Menschen, die alltäglich mit Auto, Fahrrad oder Öffis unterwegs sind.“ Und letztlich müsse es einen klaren politischen Willen geben, um eine klima- und umweltfreundliche Verkehrswende zu gestalten. „Das Projekt ‚Neustadt bewegt sich‘ verbindet dies“, sagt Jagau und ergänzt: „Es muss neu und weiter gedacht werden, wie wir alle von A nach B und zurück kommen wollen. Für den Weg zur Arbeit wie zum Arzt.“ Daher entwickele und probiere die Region besonders für die Ortschaften im ländlichen Raum neue Konzepte – etwa für einen smarten Bedarfsverkehr. „Und: Wir stärken die bestehenden Angebote, die im Neustädter Raum über die Schiene und weiterführend über verlässliche Linienbusverbindungen erfolgen. Hier ist der von der Region Hannover komplett modernisierte ZOB eine wichtige Drehscheibe, die auch einen getakteten, barrierefreien Umstieg von Bahn auf Bus gewährleistet.“ Auch in den Ausbau der Radwegverbindungen im Neustädter Land werde die Region weiter investieren.
Um den Radverkehr sicherer zu machen, hat sie bereits an den Ortsdurchfahrten in Bordenau, Otternhagen, Mariensee, Poggenhagen und Hagen rot markierte Fahrradschutzstreifen und Piktogrammketten aufgebracht. An der Ortsdurchfahrt in Niederstöcken sollen diese im Oktober aufgetragen werden. Außerdem plant die Region an der Moorstraße zwischen Neustadt und Mardorf, die bis 2024 erneuert werden soll, den Radweg auf 2,50 Meter zu verbreitern und in Poggenhagen soll ab 2023 eine Unterführung gebaut werden, die dem Radverkehr eine höhenfreie Querung mit der DB-Strecke Hannover-Bremen ermöglicht.